Arbeitszeiterfassung: Tipps zur Umsetzung in der Praxis

Vor einem Jahr hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine Arbeitszeiterfassung Pflicht ist. Doch wie sieht es in der Praxis aus?

Rechtsgrundlage Arbeitszeitrecht

Nach dem Arbeitszeitgesetz richtet sich das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach den gesetzlichen Vorgaben. Mitarbeiter im Schichtbetrieb sind verpflichtet, vor der Anmeldung zur nächsten Schicht eine gewisse Ruhepause einzulegen. Das Gesetz schreibt außerdem vor, dass Sie mindestens 15 Sonntage pro Jahr frei nehmen müssen. Auch die Pausenzeiten sind gesetzlich geregelt und Arbeitnehmer müssen nach sechs Arbeitsstunden eine mindestens 30-minütige Pause einlegen. Bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden verlängern sich die Pausen auf mindestens 45 Minuten. Durch die Arbeitszeiterfassung können beide Parteien überprüfen, ob diese gesetzlichen Regelungen eingehalten werden.

Welche Pflichten haben Arbeitgeber?

Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Arbeitnehmern und müssen dafür sorgen, dass ihre Arbeitnehmer durch die Arbeitszeit weder körperlich noch geistig beeinträchtigt werden. Daher müssen sie sicherstellen, dass die Arbeitnehmer die gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit einhalten, ausreichend Pausen haben und dass die Zahlung von Löhnen und Vergütungen der geleisteten Arbeit angemessen ist.

Wie sollte eine Arbeitszeiterfassung aussehen?

Das Konzept der Arbeitszeiterfassung erscheint auf den ersten Blick sehr einfach. Mitarbeiter beginnen mit der Zeiterfassung, wenn sie mit der Arbeit beginnen, und beenden die Zeiterfassung, wenn sie mit der Arbeit fertig sind.

Aber in Wirklichkeit ist es nicht so einfach. Schließlich sollten die Mitarbeiter auch ihre Pausenzeiten erfassen und es sollte Regelungen geben, bei welchen Unterbrechungen die Arbeitszeit nicht weiterläuft. Dabei stellt sich die Frage, ob ein Arbeitnehmer die Arbeit unterbricht, wenn er eine Zigarette raucht oder einen Kaffee trinken geht.

Arbeitgeber sollten klare Richtlinien zu diesen Aspekten bereitstellen, um sicherzustellen, dass alles korrekt erfasst wird. Auch für Home-Office-Mitarbeiter ist es wichtig, zu entscheiden, wann man die Uhr nutzt, um beispielsweise ein paar E-Mails zu beantworten, und dies als Arbeitszeit zu zählen.

Welche Modelle gibt es für die Arbeitszeiterfassung?

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Arbeitszeiten zu erfassen, die in verschiedenen Branchen sinnvoll sind. Die gängigsten Modelle werden hier erläutert.

Widerspruch zwischen Vertrauensarbeitszeit und Arbeitszeiterfassung?

Bis zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeiterfassung war das Thema Arbeitszeiterfassung in vielen Unternehmen durch neue Arbeitsplätze und die Globalisierung zunehmend zweitrangig, im Vordergrund stand vielmehr die Vertrauensarbeitszeit. Vertrauensarbeitszeit bedeuten, dass Mitarbeiter ihre Arbeitszeit selbst planen können. Entscheidend ist die Arbeitsleistung, nicht die Arbeitszeit. Konkret bedeutet das: Die Mitarbeiter können in der Lage sein, die ihnen übertragenen Aufgaben in kürzerer Zeit als im Vertrag vereinbart zu erledigen. Es kann jedoch sein, dass die Arbeitszeit höher ist und die im Arbeitszeitgesetz festgelegte Höchstarbeitszeit überschritten wird.

Durch die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung soll sichergestellt werden, dass Arbeitgeber die Einhaltung gesetzlicher Arbeitszeiten, Ruhezeiten und Erholungszeiten überwachen. Um dies zu ermöglichen, müssen die Arbeitszeiten des Arbeitnehmers auch während der Vertrauensarbeitszeit erfasst werden. Nach aktuellem Stand der Gesetzentwurfs müssen Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit erfasst und dem Arbeitgeber gemeldet werden. Das bedeutet, dass Arbeitgeber sehen können, wann und wie lange sie gearbeitet haben, also ob ein Arbeitnehmer eine Aufgabe in 4 Stunden statt in 8 Stunden erledigt hat.

Wichtig dabei ist, dass Unternehmen mit den erfassten Arbeitszeiten sorgsam umgehen. Beispielsweise könnte ein System nur dann eine Warnung ausgeben, wenn die maximale Arbeitszeit überschritten wurde, ansonsten aber die Arbeitszeitaufzeichnungen nicht prüfen.

Erfassen der Arbeitszeiten mit Stundenzetteln

Durch die Verwendung von Stundenzetteln zur Erfassung der geleisteten Arbeitsstunden verlagert sich die Verantwortung für die Zeiterfassung häufig auf jeden einzelnen Mitarbeiter. Dies erschwert die Überprüfung, ob die erfassten Arbeitszeiten mit den tatsächlichen Arbeitszeiten übereinstimmen.

Sind Arbeitszeitnachweise Pflicht?

Die Pflicht zur Dokumentation der Arbeitszeit gilt bereits bei Minijobs oder für Branchen, in denen häufig Schwarzarbeit verrichtet wird, wie beispielsweise in der Gastronomie. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts gilt diese Verpflichtung nun allgemein. Daher sollten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter dazu anhalten, Arbeitszeitnachweise zu führen oder die geleisteten Arbeitsstunden elektronisch zu erfassen, damit sie im Falle etwaiger versicherungsrechtlicher Probleme Beweise vorlegen können.

Das überarbeitete Arbeitszeitgesetz sieht bis auf wenige Ausnahmen eine elektronische Zeiterfassung vor, so dass viele Unternehmen die Arbeitszeittabelle nicht mehr als Instrument zur Arbeitszeiterfassung einsetzen werden.

Stationäres Zeiterfassungsterminal

Nutzen Sie Hardware-Terminals für die elektronische Zeiterfassung. Die Funktionalität ist die gleiche wie bei den Stechuhren der damaligen Zeit, jedoch moderner. Zu den Erweiterungen dieser Methode gehören die Fingerabdruck-Zeitmessung und die biometrische Zeitmessung. Fingerabdrücke werden gescannt und zur Identifizierung von Mitarbeitern verwendet.

Verwendung einer mobilen Stechuhr

Es gibt auch spezielle mobile Zeiterfassungssysteme. Das bedeutet, dass tragbare Gerät die Arbeitszeit übertragen und speichern. Dies kann mit spezieller Hardware, einem PDA oder einem Barcodescanner erfolgen. Diese Variante ist ideal für Mitarbeiter, die an wechselnden Einsatzort arbeiten, wie zum Beispiel Außendienstmitarbeiter oder Bauarbeiter.

Zeiterfassung über Smartphone oder Desktop

Bei diesem Modell erfassen, speichern und übermitteln die Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten über eine App auf ihrem Smartphone oder Desktop. Digitale Zeiterfassungssysteme eignen sich besonders für Außendienst- und Telearbeitskräfte, da sie eine vollautomatische Zeiterfassung von überall aus ermöglichen.

Verwendung von Excel-Tabellen

Gerade kleine und mittelständische Betrieben setzen Excel-Tabellen häufig zur Arbeitszeiterfassung ein. Diese Methode ist für große Unternehmen ziemlich verwirrend. Dieses System macht es auch schwierig, die Manipulationen der Arbeitszeiten durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu erkennen.

Das richtige Zeiterfassungsformat finden: Tipps für Unternehmen

Je nach Branche und Unternehmensform können unterschiedliche Modelle zur Arbeitszeiterfassung sinnvoll sein. Auch die interne Organisation und persönliche Vorlieben spielen bei der Wahl eine große Rolle.

• Unternehmensart: Für einige Unternehmensformen, beispielsweise Ämter und Behörden, kann ein pauschales Arbeitszeitsystem sinnvoll sein.

Interne Organisationsstruktur: Internationale Franchise-Unternehmen verfügen möglicherweise über standardisierte Methoden zur Erfassung der Arbeitszeit.

• Arbeitszeitmodell oder persönliche Präferenz: Wichtig ist hier, welche Methode vom Betriebsrat bevorzugt bzw. einheitlich empfohlen wird.

Herausforderungen bei der Einführung der Zeiterfassung

Die Leistungsanforderungen an Zeiterfassungssysteme können von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein. Bei der Planung müssen viele individuelle Faktoren berücksichtigt werden.

#1 Das Arbeitszeitmodell unter die Lupe nehmen

Für Schichtarbeit und Gleitzeit gelten bestimmte gesetzliche oder interne Vereinbarungen, die bei der Gestaltung eines Zeiterfassungssystems berücksichtigt werden müssen. Hierzu zählen auch Kundenservice, Telefonservice oder Jobsharing.

#2 Datenschutz bei der Arbeitszeiterfassung

Zum allgemeinen Datenschutz bei der Zeiterfassung gibt es noch keine konkrete Rechtslage. Es gibt jedoch Regeln, die zum Schutz personenbezogener Daten beachtet werden müssen. Daten müssen vor Missbrauch und Offenlegung geschützt werden.

Wer kann die Daten der Arbeitszeiterfassung einsehen?

Mit Ausnahme von Betriebsräten, einzelnen Arbeitnehmern und Arbeitgebern hat niemand das Recht, die Daten der Arbeitszeiterfassung einzusehen, es sei denn, die betroffene Person hat dazu eine ausdrückliche Genehmigung.

#3 Mitarbeiterkommunikation zur Arbeitszeiterfassung

Damit es nicht zu Missverständnissen oder Fehlern in der Kommunikation kommt, ist es wichtig sicherzustellen, dass die Mitarbeiter untereinander über die Möglichkeit des Überstundenabbaus oder der Inanspruchnahme von Freistellungen sprechen. Dies reduziert den Arbeitsaufwand und sorgt für einen reibungslosen Arbeitsablauf. Ein einheitliches System, das die Mitarbeiterkommunikation über Apps ermöglicht, unterstützt es.

#4 Sicherung der technischen Infrastruktur

Beim Einsatz digitaler oder analoger Lösungen zur Arbeitszeiterfassung müssen diese in die technische Infrastruktur integriert werden, damit die Daten sicher übertragen und genutzt werden können. Hierfür gibt es spezielle Softwaresysteme, die die notwendigen Funktionen bündeln.

Arbeitszeiterfassung: Vor- und Nachteile

Die Erfassung der Arbeitszeit hat sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer gewisse Vor- und Nachteile.

Welche Vorteile bietet die Arbeitszeiterfassung für Arbeitgeber?

Neben der gesetzlichen Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ergeben sich daraus für Arbeitgeber zahlreiche Vorteile.

Optimierung von Lohn- und Gehaltsabrechnungen

• Automatisierte Prozesse

• Optimierung von Arbeitsabläufen

• Minutengenaue Zeitabrechnung

•Verbesserte Sicherheit, Transparenz und Übersicht

• Effizienterer Personaleinsatz

• Bessere Personalplanung

• Arbeitserleichterung und höhere Wirtschaftlichkeit

Welche Nachteile hat die Arbeitszeiterfassung für Arbeitgeber?

• Mögliche Datenschutzverstöße bei nicht datenschutzkonformen Anwendungen

• Manipulation der Logdaten durch Mitarbeiter

• Wird die Zeit nicht projektbezogen erfasst, gibt es keine Aussage über die Mitarbeiterproduktivität

Welche Vor- und Nachteile hat die Arbeitszeiterfassung für Arbeitnehmer?

Vorteile:

• Verbesserte Selbstverwaltung von Lohnabrechnungen

• Zeitbilanz und Abwesenheitstransparenz.

Einfachere Planung von Dingen wie der Urlaubsplanung

• Besserer Überblick über Überstunden

Arbeitssicherheit: Ausbeutung durch Überarbeitung wird erschwert.

Nachteile

Die Arbeitszeiten werden oft streng kontrolliert

• Abwesenheiten müssen nachgeholt und protokolliert werden.

• Rauchen und Kaffeepausen sind möglicherweise nicht mehr einfach

• Kann ein Gefühl der Kontrolle durch den Arbeitgeber hervorrufen.

Weitere Fragen zur Arbeitszeiterfassung

Wann hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Arbeitszeiterfassung?

Bei einer Umstellung des Zeiterfassungssystems muss der Betriebsrat nicht nur über die Einführung und Auswertung von Pausenzeiten entscheiden, sondern auch darüber, wie dies geschieht . Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts haben Betriebsräte keine Initiativrecht zur Einführung einer betrieblichen Arbeitszeiterfassung. Dies ist nicht erforderlich, da ohnehin eine allgemeine gesetzliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht. Allerdings haben Betriebsräte das Initiativrecht, wenn es um die Erfassung der Arbeitszeit geht. Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts München dürfen Betriebsräte an der Arbeitszeiterfassung mitwirken.

Wer ist für die Arbeitszeiterfassung verantwortlich?

Laut EuGH ist der Arbeitgeber für die ordnungsgemäße Erfassung der Arbeitszeit verantwortlich. Arbeitgeber können diese Verpflichtung jedoch auch auf ihre Mitarbeiter übertragen.

Wie erfasse ich als Mitarbeiter meine Stunden?

Wenn Sie in Ihrem Unternehmen keine etablierte oder einheitliche Lösung haben, lohnt es sich, (digitale) Stundenzettel zu führen, aus denen genau hervorgeht, wie viel Zeit Sie für jede Aufgabe aufgewendet haben.

Wie sollte ein Arbeitnehmer auf eine ungenaue Aufzeichnung der geleisteten Arbeitsstunden durch einen Arbeitgeber reagieren?

Für Arbeitnehmer ist es empfehlenswert, ihren Arbeitgeber zu konsultieren, wenn in der Gehaltsabrechnung die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden falsch aufgeführt ist. Zur Untermauerung des Anspruchs ist es sinnvoll, einen Beleg über die Arbeitszeiten vorzulegen.

Arbeitszeiterfassung in der Praxis

Laut Gesetz sind Arbeitgeber verpflichtet, Überstunden zu erfassen (§ 16 Abs. 2 ArbZG). Um dieser Verpflichtung nachzukommen, implementieren immer mehr Unternehmen Zeiterfassungssysteme. Laut Tarifvertrag haben Betriebsräte jedoch das Recht, über die Einführung und Anwendung solcher Systeme mitzubestimmen.

Lesen sie auch: Arbeitszeiterfassung ist grundsätzlich Pflicht

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